Die Wahl, die vor uns liegt

Von Starhawk

Heute Nacht schläft irgendwo im Irak ein kleines Mädchen, das in ein paar Wochen vielleicht ein Klumpen verkohlten Fleisches sein wird, begraben unter Beton.

Auf einem Basketballplatz irgendwo in den Vereinigten Staaten wirft ein junger Mann den Ball in den Korb. Dieser junge Mann wird vielleicht in ein paar Wochen keine Beine oder Augen mehr haben; in seinem Gehirn wachsen vielleicht schon Tumore, weil er dem Uran unserer eigenen Waffen ausgesetzt ist.

Ein junger Mann, heute noch gesund und voll Leben, wird an Krebs leiden. Eine Mutter wird ihre Kinder nach Nahrung schreien hören und wird ihnen nur verseuchtes Wasser geben können, um ihren Durst zu stillen. Reiches und fruchtbares Land wird in kurzer Zeit kontaminiert sein von Radioaktivität, die länger wirken wird als die Zeitspanne ist zwischen dem alten Sumer und Babylon und der Zeit, in der wir leben.

Und Männer und Frauen, die sich mit unschuldigem Herzen freiwillig zum Dienst für ihr Land gemeldet haben, werden dazu verführt werden unsägliche Verbrechen zu begehen, die sie in ihren Nächten verfolgen und ihr ganzes weiteres Leben zerstören werden. Wenn sie über seltsame Beschwerden klagen, wird der Veteranenverein jegliche Zuständigkeit bestreiten. Und noch Jahre danach werden viele von ihnen sich das Leben nehmen, wie es seit dem ersten Golfkrieg geschehen ist. Sie werden nicht die Söhne und Töchter der Männer und Frauen sein, die im Kongress oder im Weißen Haus beschäftigt sind. Viele von ihnen werden aus Orten in unserem eigenen Land kommen, wo die Menschen unter Armut, Enteignung und Benachteiligung leiden. Und all dies wird unter dem Kommando von Männern geschehen, die niemals an einer Schlacht teilgenommen oder in einem Krieg gekämpft haben, die unseren Schulen und Krankenhäusern die Unterstützung entziehen, um ihre Massenvernichtungswaffen zu bezahlen, die sich ein eigenes Imperium vorstellen, das keinesfalls die Sicherheit bringen wird, von der sie reden.

Denn die schiere Ungerechtigkeit unseres Angriffes auf ein Land, das uns nicht angegriffen hat, wird solche Angst und solchen Hass gegen uns hervorrufen, das all unsere Bomben und Raketen und Polizisten und Spione unsere Sicherheit nicht werden garantieren können.

Die Medien und die Politiker sagen uns, das dieser Krieg unvermeidbar ist, dass wir ihn nicht verhindern können, dass unsere Proteste, Bittschriften und Appelle nichts ausrichten werden. Durch ihre anhaltende Beschwörung unserer Machtlosigkeit lullen sie uns ein in einen Schlaf voller Alpträume.

Aber noch können wir aufwachen. Wir können uns gegen den Alptraum entscheiden und einen anderen Traum träumen. Wir, denen das Leben von Kindern teuer ist, brauchen uns nur weigern zu schweigen, wir müssen "nein" sagen zu Krieg und "ja" zum Frieden.

Und wir sollten uns fragen, wie es kam, dass wir unser Land und unser Schicksal solch gefühllosen Männern überantwortet haben, die ohne Gewissensbisse Leben vernichten. Welcher böse Zauber vernebelt unsere Augen und bindet unsere Hände? Welche Lügen haben wir die ganze Zeit geglaubt? Welche Macht haben wir uns aus der Hand nehmen lassen? Ersetzt den Alptraum durch folgenden Traum: in dem Augenblick, wenn eine Weltmacht die unangefochtene militärische Stärke hat, um sich ein Weltreich zu errichten, steht die Bevölkerung auf und sagt: "Nein. Wir wollen das nicht. Wir wollen nicht die Welt regieren auf den zerbrochenen Körpern von Kindern. Wir wollen kein Blut an unseren Händen. Wir wollen, dass kranke Kinder die bestmögliche Pflege haben, im Irak und in unserem eigenen Land. Wir wollen Schulen und Arbeit und Parks und Krankenhäuser und Nahrung für die Hungernden. Wir möchten Hand in Hand gehen mit den Menschen auf der Welt und die Institutionen stärken, die langsam und mühevoll lernen Konflikte ohne Blutvergießen auszutragen und die uns lehren die Unterschiede zwischen uns zu respektieren. Wir wissen, das Frieden auf Gerechtigkeit aufgebaut werden muss, und wir wollen Frieden."

Träumt, dass wir aufwachen, aufstehen, unsere Meinung sagen, nicht nur zu Tausenden, sondern zu Millionen, die sich mit weiteren Millionen auf der Welt verbinden. Träumt, dass Soldaten befehle verweigern, Hafenarbeiter sich weigern Schiffe zu beladen, Sekretärinnen ihre Computer abschalten, Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Fabriken schließen und dass auch Politikerinnen und Politiker den Mut fassen sich für das , was recht ist, einzusetzen.

Und lasst den Traum Wirklichkeit werden. Wenn ihr schon einmal eure Meinung geäußert habt, dann ist jetzt die Zeit es wieder zu tun, noch ein Telefongespräch zu führen, noch einen Brief zu schreiben, an noch einer Mahnwache teilzunehmen. Wenn ihr schon einmal bei einem Marsch mitgegangen seid, tut es wieder und bringt noch mehr Freunde und Nachbarn mit. Wenn ihr noch nicht an einem Marsch teilgenommen habt, wenn ihr in eurer alltäglichen Arbeit versunken wart, wenn ihr meint, dass eure kleine, leise Stimme nichts erreichen kann, dann ist jetzt die Zeit zu reden, eure gewohnten Beschäftigungen zu unterbrechen, zu dem einen kleinen Tropfen zu werden, der alles verändert.

Wenn ihr am Wochenende des 15./16. Februars zu den großen Demonstrationen und Kundgebungen nach New York oder San Francisco kommen könnt, dann kommt, denn unsere Zahl ist ganz entscheidend.

Und auch wenn ihr nicht dahin kommen könnt, es gibt sicher überall im Land Demos und Kundgebungen. Sucht euch eine aus oder organisiert selbst eine.

Seid öffentlich. Seid sichtbar. Seid das laute, unbequeme Gewissen, das aus den Hallen der Macht verschwunden ist.

Und glaubt daran: Wahrheit ist stärker als Lügen, Liebe triumphiert über Angst, und keine Intrige der Mächtigen kann Massen zügeln, wenn sie erwachen und das Leben wählen.

Starhawk

 

Die Demonstration und Kundgebung in New York finden am 15.Februar statt, als Zeichen der Solidarität mit Demonstrationen in Hauptstädten überall auf der Welt. Diese Veranstaltung wird von der Organisation United for Peace and Justice (Vereint für Frieden und Gerechtigkeit) unterstützt.

Die Demonstration und Kundgebung in San Francisco beginnen um 11 Uhr vormittags an der Justin Hermann Plaza; Ziel ist das Federal Building (Regierungsgebäude). Wenn ihr euch den Code Pink-Frauen und der Heidengruppe anschließen wollt, kommt um 10 Uhr zur Montgomery und Market Street.

Einzelheiten und eine Liste geplanter Aktionen im Land findet ihr unter www.unitedforpeace.org

 

Starhawk ist die Autorin von Webs of Power : Notizen aus Global Uprising und acht weiteren Büchern über Aktivismus und erdverbundener, feministischer Spiritualität.

Ihre Website ist www.starhawk.org

 

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